Ursache: die Zunahme thermophiler Schadorganismen

Die Forst- und Holzwirtschaft gehören zu den Wirtschaftszweigen, die sich an vorherrschende Klimabedingungen, einschließlich extremer Wetterereignisse, anpassen müssen. Sie sind verpflichtet für zukünftige Generationen zu planen und gemäß des Grundsatzes der Nachhaltigkeit zu agieren, weil der Aufbau von stabilen Waldökosystemen einen sehr langen Zeitraum (ca. 150 Jahre) in Anspruch nimmt.

Globale Veränderungen des Klimas beeinflussen neben den Verbreitungsgrenzen der Gehölze, auch das Baumwachstum und die Wasserhaushaltssituation des Bodens sowie die Entwicklungsbedingungen von Lebewesen, einschließlich der Schadorganismen. Umbaupläne müssen dies berücksichtigen. Das sagen: Dr. Nadine Bräsicke und Prof. Dr. Alfred Wulf aus dem Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Braunschweig (link).

Schematische Darstellung der Zeckenentfernung

Abb. Gemäß ihrer Herkunft aus den borealen und Gebirgsregionen zeigt die Fichte gegenwärtig eine entsprechende Reaktion. In einigen flachen mitteleuropäischen Regionen ist es zu warm für ihren Anbau, während die kühlen und feuchten Gebirgsregionen gegenwärtig noch gut für den Fichtenanbau ist. In der Zukunft wird diese Region mit Zunahme des warmen und trockenen Klimas kleiner. Es wird in den vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende Intensität des Borkenkäferfraßes an der Fichte tatsächlich beobachtet. Das Gleichgewicht verschiebt sich bei der Fichte zugunsten des bestandsbedroheneden Schädlings Borkenkäfer. In einigen Regionen ist daher die Anbaufläche der Fichte stark zurückgegangen (siehe Kölling: Wälder im Klimawandel in Warnsignal Klima: Gefahren für Pflanzen, Tiere & Menschen – link). Linkes Bild: Durch Borkenkäfer zerstörter Wald. Photo:© juliaopal. Rechtes Bild: Ein mit Borkenkäfern befallener Baum. Photo: © Bernd Becker bei Fotos Fotolia.

Die Anpassungsfähigkeit der Wälder ist jedoch von der tatsächlichen Entwicklung und Intensität des Klimawandels abhängig. Waldstandorte können u. U. stärker trockenen Bedingungen ausgesetzt sein, die zusammen mit höheren Vegetationszeittemperaturen eine erhöhte Stressanfälligkeit der Bäume verursachen. Auch die Wachstumsrate und die Entwicklung einiger Schadorganismen kann positiv beeinflusst werden, die infolge eines relativ hohen Populationswachstums und hoher Mobilität durch Adaption oder Migration auf veränderte Klimabedingungen rascher reagieren können.

Bei einigen Forstschadorganismen zeichnet sich eine solche Entwicklung bereits ab. So finden z. B. die Fichtenborkenkäfer (Ips typographus, Pityogenes chalcographus) als sekundäre Schadinsekten in u. a. durch Extremwetterereignisse (z. B. Sturm, Trockenheit) vorgeschädigten Fichtenforsten günstige Entwicklungsbedingungen, die bei trocken-warmer Sommerwitterung zu Massenvermehrungen führen und sie zu Primärschädlingen avancieren. Kalamitäten größten Ausmaßes und der Verlust großer Waldgebiete können die Folge sein.

Auch der Schwammspinner (Lymantria dispar) gehört als ausge-sprochen wärmeliebendes Insekt zu den Beispielen, deren verstärktes Auftreten in den letzten Jahren als Folge überdurchschnittlich warm-trockener Vegetationsperioden erklärt wird. Der aktuellste Fall, der den Einfluss von klimatischen Veränderungen offensichtlich macht, ist der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea). In den letzten Jahren ist der Forst- und Hygieneschädling zu einem Dauerproblem in einigen Bundesländern geworden.

Auch die heimischen Prachtkäferarten (z. B. Agrilus biguttatus) genießen bei Wärme und Trockenheit ebenfalls gute Vermehrungsbedingungen, so dass jüngst bei einigen Vertretern eine Zunahme nach Dürreperioden beobachtet wird. Kritisch hierbei ist, dass diese einstigen Sekundärschädlinge an forstlicher Bedeutung gewinnen und eine wesentliche Schlüsselrolle bei aktuellen Forstkomplexkrankheiten (z. B. Eichensterben) einnehmen.

Klimatische Veränderungen beeinflussen aber nicht nur die Forstschadinsekten, sondern auch die Erreger von Baumkrankheiten, die vor allem die Hauptbaumart Kiefer durch Krankheiten (Diplodia – Triebsterben, Dothistroma – Kiefernschütte) bedrohen. Ferner wird die Vitalität der Eiche zunehmend durch Echte Mehltaupilze geschwächt.

Erysiphe alphitoides führt in Kombination mit Insektenfraß oder Dürreperioden zu schweren Vitalitätsverlusten und nimmt als Multiplikator eine nicht zu unterschätzende Rolle bei dem aktuellen Eichensterben ein. Das Auftreten der Rußrindenkrankheit (Erreger: Cryptostroma corticale) an Ahorn hat in den letzten Jahren nicht an Aktualität verloren. Hauptsächlich Jahre mit trocken-heißer Witterung fördern das Auftreten und die Entwicklung dieses parasitischen Pilzes. Die aufgeführten Beispiele dokumentieren populationsdynamische Veränderungen bei den wärmeliebenden Forstschädlingen und epidemiologische Auffälligkeiten bei Waldkrankheiten, die scheinbar als Folge klimatischer Veränderungen anzusehen sind.

Welche Effekte der Klimawandel auf die Schadorganismen letztendlich haben wird hängt auch von der Anpassungsfähigkeit der Baumarten auf die neuen Klimabedingungen ab. Die Forst- und Holzwirtschaft steht vor einer großen Herausforderung, die sie mit notwendigen Anpassungsmaßnahmen in der zukünftigen waldbaulichen Planung bewältigen muss. (weitere Infos) link