In Deutschland nehmen die Niederschläge im Durchschnitt seit Jahrzehnten zu. Im Zeitraum 1901-2000 betrugen die Niederschläge im Jahresdurchschnitt 774 mm (± 99 mm) und in der Zeit 1981-2010 797 mm (±105 mm). Das ist eine mittlere jährliche Erhöhung der Niederschläge um 23 mm (1 mm = 1 Liter/m2). Wie folgende Daten zeigen, wird diese Zunahme der Niederschläge – verglichen mit dem langfristigen Mittelwert 1901-2000 – mit Ausnahme der Sommermonate – in allen Jahreszeiten beobachtet. Sie ist am stärksten in den Wintermonaten.
1901-2000: Frühling 172 (±36) – Sommer 245 (±46) – Herbst 184 (±48) – Winter 174 (±48) mm
1981-2010: Frühling 185 (±38) – Sommer 238 (±37) – Herbst 195 (±48) – Winter 189 (±44) mm
(Weitere Details in Schönwiese & Trömel 2011 – hier klicken ->): https://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/buchreihe/genug_wasser_fuer_alle/kapitel-3-1-6-langzeitaenderungen-des-niederschlags/
Der Klimawandel
Wie aus der Graphik 1-3 ersichtlich ist, lagen die Werte für die letzten Jahre 2018-2020 jedoch unterhalb des langfristigen Trends, was in mehreren deutschen Regionen zu Wassermangel mit entsprechenden Auswirkungen für die Landwirtschaft und Wasserversorgung geführt hat.
Der Klimawandel spielt bei dieser Entwicklung eine große Rolle. Die Erwärmung betrug in Deutschland verglichen mit dem Mittelwert von 8,2°C in der Periode 1961-1990 im Jahr 2019 10,3°C und 2018 sogar 10,5°C. Das ist mit über 2 °C eine deutlich stärkere Erwärmung als weltweit (2019: 1,37°C; 2018: 1,21°C). Nach Angabe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lagen die Temperaturen im heißen August 2020 noch viel höher als im Mittel 1961-1990.
Mit dem Klimawandel wird auch eine Zunahme der Starkregenereignisse beobachtet. Die Wassermenge aus einem Starkregen ist überdurchschnittlich hoch, so dass die Böden das Wasser nur bis zur Sättigung aufnehmen können. Nach einer Dürreperiode, wenn die Böden fest und trocken sind, kann die plötzliche Wassermasse eines Starkregens kaum aufgenommen werden. Sie fließt ab, Flüsse schwellen an. Überflutung und Erosion sind oft die Folgen. Alle Niederschläge inkl. Starkregen gehen jedoch in die Statistik ein. Die Zunahme der Niederschläge bedeutet daher nicht automatisch eine Erhöhung der für die Vegetation verfügbaren Wassermenge. Eine weitere Folge der Erderwärmung ist die Erhöhung des Wasserverlusts durch Evapotranspiration, die die Summe aus Transpiration und Evaporation ist. Transpiration ist die Wasserverdunstung („Schwitzen“) der Pflanzen, die meist über die Blätter (Spaltöffnungen) erfolgt. Evaporation ist die Wasserverdunstung von Boden- und Wasseroberflächen. Das letztere führt zur Abnahme der Bodenfeuchte, was die Busch- und Waldbrände begünstigt.
Bodenfeuchte im Jahr 2020: Chronologie
Die nFK (nutzbare Feldkapazität) gibt das pflanzenverfügbare Bodenwasser in Prozent an. Ab 100 % nFK kann der Boden kein weiteres Wasser mehr aufnehmen, vorübergehend kann die nFK bei viel Niederschlägen jedoch über 100 % steigen. Bei 0 % nFK können die Pflanzen dem Boden kein weiteres Wasser mehr entziehen (Welkepunkt), es befindet sich aber noch Restfeuchte im Boden (DWD 2020).
Laut DWD-Bericht waren nach dem sehr nassen Februar 2020 die Bodenwasservorräte im Großteil Deutschlands zumindest bis in 60 cm Tiefe aufgefüllt. Eine Ausnahme stellt die Region etwa vom Thüringer Becken bis zur Lausitz dar. Dort erfolgte in dieser Schicht keine komplette Auffüllung. Von Mitte März bis Ende April setzte sich jedoch sehr niederschlagsarme, sonnige und häufig windige Witterung durch. Sie sorgte für erneute Wasserknappheit in der Vegetationsperiode 2020. Bis Ende April trockneten vor allem die obersten Bodenschichten stark aus. Im Deutschlandmittel lag die Bodenfeuchte (unter Gras und sandigem Lehm) im April in 0 bis 60 cm Tiefe mit nur 68% nFK so niedrig wie noch nie in einem April seit 1991. Wintergetreide zeigte im Laufe des Aprils erste Trockenstresssymptome und die frisch ausgesäten Sommerkulturen liefen vielerorts nur langsam und ungleichmäßig auf. Vor allem in der zweiten Monatshälfte kam es zu mehreren, teils großflächigen Waldbränden. Im Mai 2020 schwächten besonders in der Südosthälfte gelegentliche Niederschläge die Trockenheit etwas ab. Aufgrund der insgesamt deutlich unterdurchschnittlichen Regenmengen im Mai verringerte sich das Defizit der Bodenfeuchte gegenüber dem April aber kaum (Entnommen aus DWD 2020).
Im heißen August lagen die Temperaturen über 2°C höher als im Mittel 1961-1990. Zu Sommerbeginn waren die Böden deutlich trockener als üblich. Der durchschnittlich nasse und nur leicht zu warme Juni konnte das Bodenwasserdefizit verringern und vielerorts Ernteeinbußen bei Raps und Getreide verhindern. Im Gegensatz dazu war der Juli mit nur rund zwei Dritteln des Niederschlagssolls im Deutschlandmittel markant zu trocken. Somit sank die Bodenfeuchte deutlich ab. Mais, Zuckerrüben, Grünland, Obstgehölze und die Wälder litten zunehmend unter der Trockenheit. Am stärksten waren die Auswirkungen in den besonders trockenen Regionen vom Südwesten Deutschlands bis nach Sachsen. In Südbayern und im äußersten Norden war die Wasserversorgung der Pflanzen hingegen meist gut.
Im heißen und zunächst sehr niederschlagsarmen August verschärfte sich die Bodentrockenheit rasch. Die Feuchte sank auf die niedrigsten Werte der Saison 2020 – im Flächenmittel auf 53 Prozent nFK in den obersten 60 cm. In weiten Landesteilen waren die Böden noch etwas trockener, südlich der Donau hingegen weitaus feuchter. Im zweiten Monatsdrittel sorgten zahlreiche Gewitter vielerorts, aber nicht überall, für leichte Entspannung. Lokal führte Starkregen sogar zu Überflutungen und Erosion. Gegen Monatsende feuchtete kühles und teils nasses Wetter die obersten Bodenschichten an und begünstigte die Rapsaussaat.
Abb.5: Bodenfeuchte als nFK (in 0-60 cm Tiefe) in Deutschland im Monat August 2020. Mit Ausnahme der Region südlich der Donau (>85 nFK%) gab es in Deutschland fast überall Wassermangel. Die Regionen Berlin-Brandenburg sowie Thüringen und Sachsen-Anhalt (Dunkelbraun gefärbt) waren besonders trocken mit Werten zwischen 25-35 nFK%. Berlin-Brandenburg ist mit vielen Seen wasserreich, aber niederschlagsarm (Stock & Lahmer 2011).
Im September setzt sich jedoch nochmals anhaltend trockenes und sehr warmes bis heißes Wetter durch. Die Feuchtigkeit in den obersten Bodenschichten verdunstete rasch wieder, darunter blieben die Böden weiterhin stark ausgetrocknet. Damit dauerte die Durststrecke bei den Wäldern an. Erst im letzten Monatsdrittel stellte sich eher nasses Herbstwetter ein, womit die Feuchte in den obersten Bodenschichten nachhaltig zunahm. Es bestanden gute Bedingungen zur Aussaat von Wintergetreide. Allerdings sind tiefere Bodenschichten derzeit vielerorts immer noch sehr trocken. Die vollständige Veröffentlichung ist unter www.dwd.de verfügbar.
Stock, M. & W. Lahmer (2011): https://www.climate-service-center.de/imperia/md/content/csc/warnsignalklima/Warnsignal_Klima_Kap3.1_3.1.10_Stock.pdf
DWD (2020): https://www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2020/20201014_agrarwetter_sommer2020_news.html.
Wasserversorgung
Nach den Dürrejahren 2018-2020 gab es während der Sommermonate an einigen Orten in Deutschland Engpässe in der Wasserversorgung. Mehrere Gemeinden riefen im Sommer 2020 den Trinkwassernotstand aus. Aufgrund der andauernden Trockenheit infolge der höheren Temperatur lief z.B. in Lauenau (Niedersachsen) ein Trinkwasserspeicher leer aus. Auch die Corona-Pandemie trägt leicht zu mehr Wasserverbrauch bei. Stadtwerke in Niedersachsen und auch in Bremen wandten sich an die Haushalte und Unternehmen mit der Bitte, Wasser sparsam zu verbrauchen. Schon in den beiden vergangenen Jahren 2018 und 2019 mussten Wassersparmaßnahmen z.B. in Barsinghausen eingeführt werden. Besonders im Sommer 2018 war die Versorgung stark gefährdet. Neben dem Trinkwassernotstand drohten diverse hessische Gemeinden mit Bußgeldern von teilweise bis zu 5.000 Euro, wenn jemand sein Auto wäscht, den Pool füllt oder den Rasen bewässert. Im Zusammenhang mit der Pandemie verzichteten einige Familien auf einen Urlaub in Risikoländern und ließen sich einen Pool im Garten bauen.
Aufgrund dieser Engpässe in der Wasserversorgung fordert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) entsprechende Maßnahmen für die Wasserwirtschaft. Durch geeignete Infrastrukturen soll langfristig die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung robust gegenüber klimatischen Extremereignissen gemacht werden, um so auch in Dürreperioden die Versorgung aufrechterhalten zu können (www.vku.de).
Die zukünftigen Folgen werden nicht nur die privaten Verbraucher spüren, sondern auch die Landwirtschaft, die mehr Wasser aufgrund der erhöhten Verdunstung braucht, besonders wenn der Sommer trocken ist. Die Lage in dieser Periode verschärft sich, da auch das Grundwasser sinkt. Das Grundwasser spielt insgesamt eine wichtige Rolle für die Wasserversorgung.