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Nordbrasilien: Rekorddürre in der Amazonas-Region (Stand Ende Oktober 2023)

von Dr. José L. Lozán

Es herrscht in der Amazonas-Region derzeit eine der schwersten Dürren ihrer Geschichte. Rio Negro – der zweitgrößte Nebenfluss des Amazonas – zeigte Mitte Oktober 2023, den niedrigsten Stand seit Beginn der offiziellen Messungen vor mehr als 120 Jahren. Amazonien ist das größte Flusssystem der Erde (Abb. 1). Mehr als 1500 verschiedene Fischarten wurden in diesem Lebensraum bis jetzt entdeckt. Zu der Zerstörung des Regenwalds durch Abholzung kommt jetzt der Lebensraum Fluss dazu.

Das Einzugsgebiet des Amazonas. Auch Amazonien bezeichnet.

Abb.1: Das Einzugsgebiet des Amazonas. Diese riesige Tiefebene erstreckt sich über Teile von 9 Ländern: Brasilien, Peru, Bolivien, Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Guayana, Französisch-Guayana und Suriname. Es wird auch Amazonien bezeichnet und ist mit einer Fläche von ca. 5 Mio. Km² (fast so groß wie Australien) das größte Flusssystem der Erde.  Autor: Kmusser. Licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0.

Seit Juli bis heute gab es kaum Regen. Normal herrscht von Mai bis Oktober Trockenzeit; sie war jedoch in diesem Jahr besonders ausgeprägt. Das aktuelle El-Niño-Ereignis im Pazifik verstärkt die Dürre, da El-Niño in der Regel in Nordbrasilien zur Trockenheit führt.

Es muss erwähnt werden, dass Südbrasilien zurzeit von Rekordregen heimgesucht wird. Oft kommen diese Wettergegensätze in beiden Regionen vor. Der Wettergegensatz kann in umgekehrter Form auftreten. Wenn Rekordregen in Nordbrasilien während der feuchten Monate des Jahres registriert werden, können in Südbrasilien und auch in Argentinien gleichzeitig extreme Dürren beobachtet werden.

Einige Folgen der aktuellen Dürre in der Amazonas-Region:

  • Süßwasserdelphine: Mehr als 120 tote Amazonasdelphine haben Forscher vergangene Woche in einem Nebenfluss entdeckt; die toten Tierkörper wurden im Verlauf der Woche in den See Tefé angespült. Die genaue Todesursache konnte nicht so schnell ermittelt werden. Es sei allerdings davon auszugehen, dass die Ursache im Zusammenhang mit der aktuellen Hitze und Trockenheit zu sehen ist – so das Forschungsinstitut Mamirauá. Auch für den Tod ¬von Fischen, die zu Tausenden in den fast ausgetrockenen Flüssen treiben, sind höchstwahrscheinlich die hohen Temperaturen und der Sauerstoffmangel des Wassers verantwortlich. Insgesamt ist aktuell die Lage der ganzen Biodiversität des Amazonas dramatisch. Viele Tiere verenden. WWF: »Was mit den Delfinen geschieht, ist eine Warnung, dass der Amazonas dringend geschützt und der Kampf gegen den Klimawandel verstärkt werden muss«.
  • Stromversorgung: Die Dürre wirkt sich auch auf die Stromversorgung des Landes aus. Der Strom in Brasilien wird überwiegend von Wasserkraftwerken erzeugt. Der Durchfluss ist jedoch extrem niedrig – weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Beim Werk Belo Monte (Abb. 2) – weltweit eines der größten Wasserkraftwerke (siehe Abb. 1), liegt er lediglich bei 10% des Durchschnitts. Der Betrieb des wichtigen Kraftwerks Santo Antônio wurde Anfang ¬Oktober sogar eingestellt. Es liegt am Porto Velho (siehe Abb. 1).
  • Wasserstraßen: Die Nutzung der Flüsse als Wasserstraße ist zurzeit extrem eingeschränkt. Viele Gemeinden, die nur auf dem Wasserweg erreicht werden können, sind in Amazonien praktisch isoliert. Die Regierung beschloß Soforthilfe; zehntausende Lebensmittelpakete wurden in den vergangenen Tagen an die betroffenen Gemeinden gebracht.
  • Notstand: Indigene Völker fordern, für die ganze Region den Klimanotstand auszurufen. In ihren Gemeinden gibt es Mangel an sauberes Trinkwasser. Die Nahrungsvorräte gehen aus und es steht wegen der abgeschnittenen Transportwege keine medizinische Versorgung zur Verfügung. Landwirtschaft ist kaum möglich, da Wasser fehlt. Bereits Ende September hat der Bürgermeister von Manaus den Notstand ausgerufen (Abb. 3).
 Das Wasserkraftwerk Belo Monte am Rio Xingu

Abb.2: Das Wasserkraftwerk Belo Monte am Rio Xingu (s. Abb.1), einem bedeutsamen Seitenfluss des Amazonas. Quelle: Vice-Presidência da República (VPR) (FlickreviewR 2 on 25.9.2021). https://flickr.com/photos/144703136@N04/51443381900. Licensed under cc-by-2.0.

 Das Wasserkraftwerk Belo Monte am Rio Xingu

Abb.3: Rekorddürre in der Amazonas-Region. (Symbolbild)