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Klimaschutz und CCS (=CO2-Entnahme und Speicherung)
von Dr. José L. Lozán
Um die Erderwärmung zu stoppen, sind Netto-Null-Emissionen erforderlich. Nach dem aktuellen Wissenstand können maximal 85-95% der heutigen Treibhausgas-Emissionen durch Energiesparen und den Einsatz erneuerbarer Energien vermieden werden. Die verbleibenden 5-15% werden als schwer vermeidbare Emissionen betrachtet. Beispielsweise kann die CO2 Entstehung bei der Zement- und Kalkproduktion und bei der Abfallverbrennung nach dem heutigen Stand der Technik kaum vermieden werden.
Die CO2-Freisetzung in die Atmosphäre kann jedoch durch den Einsatz der CCS-Technik (Carbon Capture und Storage) stark reduziert werden. Dabei wird CO2 am Produktionsort abgeschieden und anschließend in tiefen geologischen Formationen verpresst. Da diese Technik nur an großen Punktquellen funktioniert, kann sie nicht eingesetzt werden, um diffusive Emissionsquellen, wie z.B. die Methan- und Lachgasemissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren.
Um diese Restemissionen auszugleichen, muss Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnommen werden (carbon dioxid removal, CDR). Dementsprechend zeigt der Weltklimarat (IPCC) in seinem jüngsten Bericht, dass die Klimaziele ohne CCS und CDR nicht erreicht werden können. Inzwischen gibt es zahlreiche Verfahren, die unter den Begriff CDR (Carbon Dioxid Removal) geführt werden.
In der Veröffentlichung (2023) „Hilft Technik gegen die Erderwärmung“ (330 Seiten) werden rund 30 solcher Verfahren beschrieben. Außerdem wird dabei über ihre Vorteile und Nachteile sowie über verschiedene Möglichkeiten der CO2-Nutzung (CCU) informiert (siehe unten) *.
Was kann mit dem entzogenen CO2 gemacht werden?
CO2 ist das wichtigste klimawirksame Gas in der Atmosphäre und gilt aufgrund seiner hohen Konzentration (425 ppm Mai 2023) und seiner langen Verweilzeit als der größte Klimakiller. CO2 selbst ist weder giftig noch toxisch. Bei Werten unter 800 ppm gilt die Luftqualität als gut. Laut Vorschrift gilt 5000 ppm als die maximale Konzentration am Arbeitsplatz. CO2 wird daher ohne Bedenken vielseitig direkt oder indirekt genutzt. Es wird beispielsweise in Gewächshäusern zur Förderung des Pflanzenwachstums eingesetzt.
Ein großer Teil der angebotenen Gemüsesorten auf den Märkten wird in Gewächshäusern produziert. Auch bei der Aufzucht von Mikroalgen findet CO2 als Düngungsmittel Verwendung. Der jährliche Bedarf an Kohlendioxid für die Düngung der Treibhauspflanzen beträgt schätzungsweise 500.000 t CO2. In der Getränkeindustrie wird CO2 z.B. zur Produktion von Limonaden und Mineralwasser eingesetzt. In der chemischen Industrie findet CO2 ebenfalls Verwendung, indem damit Kunststoffen und synthetische Kraftstoffen hergestellt werden. Große Fortschritte wurden bei dieser Technologie bereits erzielt. CO2 kann auch bei der Produktion von Baumaterialien eingesetzt werden.
Eine weitere wichtige Möglichkeit ist, das entzogenen CO2 unter dem Meeresboden zu speichern (Carbon Capture and Storage, CCS). In den Berichten des Weltklimarats (IPCC) wird betont, dass CCS eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen kann. In Europa wird CCS seit langem bereits in Norwegen im industriellen Maßstab ohne Probleme angewendet. Dort wird CO2 aus der Erdgasproduktion nicht emittiert, sondern tief unter dem Meeresboden gespeichert. Seit 1996 werden dort ca. 0,9 Mio. t pro Jahr (Sleipner Projekt, Nordsee) und seit 2009 weitere ca. 0,7 Mio. t pro Jahr (Snøhvit Projekt, Barentssee) eingelagert.
Die Kosten für die Speicherung im Untergrund sind relativ niedrig und für ihre Finanzierung erhebt Norwegen eine CO2-Steuer. Auch Dänemark hat mit der Anwendung von CCS begonnen. Entsprechende Forschungsarbeiten vor der Küste sind gestartet. In Deutschland gibt es dafür mittlerweile einen breiten Konsens; es fehlt lediglich das endgültige Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG), um die CO2-Speicherung außerhalb der Meeresschutzgebiete in der deutschen Wirtschaftszone unter der Nordsee zu ermöglichen.
Die laufenden Untersuchungen lassen vermuten, dass dort pro Jahr ca. 30 Mio. t CO2 langfristig gespeichert werden könnten. Das würde in Deutschland die Entsorgung z.B. der schwer vermeidbaren Emissionen aus der Zementindustrie ermöglichen. Insgesamt liegt die CO2-Speicherkapazität der Sandsteinschichten unter der Nordsee bei insgesamt ca. 150 Mrd. t. Davon entfallen einige Mrd. t auf den deutschen Sektor der Nordsee (geostor.cdrmare.de).
CCS sollte in Deutschland ursprünglich bei Braunkohle-Kraftwerken angewendet werden, um die heimische Braunkohle weiter nutzen zu können. Das abgetrennte CO2 sollte dabei nicht im Meer, sondern in Gesteinsschichten an Land gespeichert werden. Diese CCS-Anwendung ist aufgrund der Kosten und der fehlenden öffentlichen Akzeptanz gescheitert. Es bestand das Problem, dass mit CCS der Betrieb von Kohlekraftwerken verlängert werden sollte und auch die begründete Befürchtung, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien dadurch verzögert werden könnte.
Seit 2022 hat sich die CCS-Diskussion in Deutschland entscheidend verändert. Die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung (Treibhausgasneutralität bis 2045) können ohne CCS nicht erreicht werden. Dabei gilt CCS besonders für die Zement- und Kalkindustrie und für die Abfallverbrennungsanlagen als wichtige Option, bei denen CO2-Emissionen auch bei Einsatz von erneuerbaren Energien und Grünem Wasserstoff nicht vermieden werden können. Der Einsatz von CCS an Kohlekraftwerken ist ausgeschlossen.
CO2-Speicherung unter dem Meer: Methoden
- Das abgetrennte CO2 wird meist in flüssiger Form zu den Speicherstandorten transportiert.
- Die Speicherformationen liegen in 1–3 km tief unter der Oberfläche und bestehen aus durchlässigem und porösem Sandstein. Der Druck ist mehr als 100 Mal höher als an der Oberfläche und die Temperaturen liegen über 31°C, so dass sich das flüssige CO2 durch den Wärmeaustausch mit dem Gestein erwärmt und einen überkritischen Zustand annimmt.
- In diesem dünnflüssigen Zustand kann das CO2 leicht in den Porenraum zwischen den einzelnen Sandkörnern eindringen und sich in der Sandsteinformation verteilen. Das CO2 wird also nicht in unterirdischen Kavernen oder großen Hohlräumen gespeichert, sondern in mikroskopisch kleinen Porenräumen.
- Die Speicherformationen müssen mit einer oder mehreren Schichten aus undurchlässigem Tonstein bedeckt sein. Nur so kann gewährleistet werden, dass das CO2 in der Speicherformation bleibt und nicht zur Oberfläche aufsteigt. Der Druckanstieg muss daher kontinuierlich überwacht werden und die CO2-Verpressung muss beendet werden, wenn der Druck einen vorgegebenen Grenzwert überschreitet. Im KSpG sind entsprechende Auflagen definiert. Bei der CO2-Speicherung muss eine Reihe von Risiken berücksichtigt werden (UBA 2009). Bei hohen Leckageraten wäre CCS unwirksam, da das mühsam abgetrennte CO2 letztendlich doch wieder in die Atmosphäre entweichen würde.
Weitere Informationen unter:
Wallmann, K. (2023): CCS (Carbon Capture and Storage): CO2-Speicherung unter der Nordsee.
In: Lozán J. L., H. Graßl, S.-W. Breckle, D. Kasang & M. Quante (Hrsg.). Warnsignal Klima. S. 120-125.
https://doi.org/10.25592/warnsignal.klima.climate.engineering.17
*Warnsignal Klima: Hilft Technik gegen die Erderwärmung
2023 – Verlag Wissenschaftler informieren direkt (330 Seiten)
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jl-lozan@t-online.de