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Zunahme der Starkregen 2024
In Deutschland, Polen, Tschechien & Österreich
von José L. Lozán
Happolati, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons
(Informationen aus Warnsignal Klima: Herausforderung Wetterextreme 2024)
Wetterextreme gab es immer. Mit jeder und auch der jetzt von uns Menschen verursachten Klimaänderung treten Wetterextreme häufiger oder seltener und intensiver oder weniger intensiv auf. Beispielsweise sind Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren und Trockenheit in vielen Regionen der Erde in den letzten Jahrzehnten häufiger geworden, aber Kältewellen oder Stürme in manchen Regionen auch seltener.
Die Hauptursache der jetzigen Klimaänderung ist zweifellos die Erwärmung der Erdoberfläche und der unteren Atmosphäre infolge der von uns emitierten Treibhausgasen. Fast jedes Jahr erreicht die mittlere globale Lufttemperatur einen neuen Höchstwert. Das Jahr 2023 war mit einer mittleren globalen Lufttemperatur von 14,98°C (um 0,17 Grad wärmer als 2016) – dem bisherigen mittleren Jahreshöchstwert. Der Sommer 2024 (Juni, Juli und August) war der wärmste seit dem Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880.
Nach dem Copernicus-Klimawandeldienst (Copernicus Climate Change Service – C3S) wird das laufende Jahr 2024 wahrscheinlich erneut einen neuen Höchstwert erreichen. Die fortschreitende Erderwärmung ist global und betrifft u.a. auch die Meere, Seen und Flüsse, was zu einer erhöhten Verdunstung führt. Die Physik besagt, dass die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasserdampf um etwa 7% pro °C zunimmt (s. Clausius-Clapeyron-Gleichung); die Folgen der enormen Zunahme der Luftfeuchtigkeit sind intensive Niederschlagereignisse, die stärker, länger und häufiger mit dem Anstieg der Lufttemperatur werden.
Diese Zunahme trifft im globalen Durchschnitt zu – aber mit starker regionaler Variabilität, so dass jedes Land durch Hochwasser betroffen sein kann. Die ungleiche Verteilung der Niederschläge wird zusätzlich durch veränderte Landnutzung wie die weitere Entwaldung verschärft. Die Regionen mit einer guten Beobachtungsabdeckung bestätigen, dass die Häufigkeit und die Intensität von Starkniederschlagsereignissen wahrscheinlicher geworden sind. Die Erderwärmung führt somit zwangweise zu einer Veränderung wichtiger Elemente des Wasserkreislaufs: Dauer, Häufigkeit und vor allem Intensität der Niederschläge.
Langfristige Änderung der Niederschläge in Deutschland
Im Vergleich zum Mittelwert aus den Jahren 1961-1990 von 789 mm ergibt sich eine Zunahme der jährlichen Niederschlagssumme um 65 mm (d.h. +8%). Diese Zunahme ist hauptsächlich auf die Veränderung der Winterniederschläge (Dezember bis Februar) zurückzuführen, die im Zeitraum 1882-2024 um 52 mm (d.h.+29%) zunahmen (Abb. 1-oben). Die Sommerniederschläge (Juni bis August) haben in diesem Zeitraum dagegen leicht abgenommen (Abb. 2-unten).
Im Gegensatz zu den Sommermonaten nahmen die Niederschläge in Frühling (+14,7 mm) und Herbst (+10,8 mm) leicht zu (Kaspar et al. 2024). Auch zwischen den Bundesländern gibt es deutliche Unterschiede. Beispielsweise regnete es in Brandenburg/Berlin trotz des Seenreichtums im Durchschnitt während der Jahre 1961-1990 nach Angabe des Deutschen Wetterdiensts nur 557,7 mm. Oft ist dort die Verdunstung höher als die Niederschläge und Wassermangel droht (s. Stock & Lahmer 2005).
Hochwasser in Polen, Tschechien & Österreich (Stand 18.9.2024)
Die außerordentlich intensiven Niederschläge, die wir jetzt in Ost- und Mitteleuropa beobachten, hat u.a. mit dem ungewöhnlich warmen Mittelmeerwasser zu tun. Wie im Juli und August des vorigen Jahres ist das Wasser dort zurzeit 2-4°C wärmer als im Durchschnitt. Damit ist die Verdunstung viel höher und die Unwettergefahr größer. Eine sogenannte Vb Wetterlage sorgt seit dem 12.9.2024 für umfangreiche Regenmengen in Teilen Mittel- und Osteuropas. Durch das Treffen von warmen und sehr feuchten Luftmassen aus dem Mittelmeerraum und kühler Luft aus den Nordatlanktik entstehen im Grenzbereich kräftige und langanhaltende Niederschläge mit über 500 liter/m² an einem Tag – etwas soviel wie in Nordostdeutschland im ganzen Jahr fällt (s. oben).
Durch die jetzigen Hochwasserereignisse sind besonders der Süden Polens, Tschechien und Österreich betroffen. In Polen brach ein Staudamm im niederschlesischen Stronie Slaskie (Südwestpolen). Das Wasser strömte in Richtung Glatzer Neiße (Schneegebirge an der Grenze Polen-Tschechien); besonders gefähdet war die Kleinstadt Klodzko. Im Südwesten Tschechiens lief die Talsperre Husinec im Böhmerwaldvorland wegen des Hochwassers über. In Opava und anderen Städten im Grenzgebiet zu Polen mussten Tausende Menschen aus mehreren Siedlungen evakuiert werden. Ganze Kleinstädte standen unter Wasser. Tausende Haushalten ohne Strom werden gemeldet. Im Niederösterreich wurden Dutzende Orte zu Katastrophengebieten erklärt. In Südostdeutschland befinden sich die Schäden bis heute noch in Grenzen. Insgesamt sind die Todesfälle bis heute in den betroffenen Regionen auf über 20 gestiegen.
Das extrem-warme Wasser im Mittelmeer hat einen negativen Einfluß nicht nur auf das Wetter, sondern auch auf Pflanzen und Tiere sowie ganze Ökosysteme. Schwämme, Korallen und Seegras sterben in den stark betroffenen Gebieten ab. Einige Quallenarten und ins Mittelmeer eingewanderte tropische Fische wie der Rotfeuerfisch nehmen dagegen zu. Insgesamt geht aber die Artenvielfalt in vielen Gebieten infolge der häufiger werdenden marinen Hitzewellen verloren (s. Storch et al. 2024).
Die Entwicklung der Schäden
Man befürchtet in diesem Jahr überdurchschnittlichen Schäden infolge der Häufigkeit der Hochwasserereignisse. Mehrere Hochwasser prägen die Schadenbilanz seit Anfang des Jahres. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben die Schäden bis Mitte dieses Jahres auf mindestens 7 Mrd. Euro geschätzt.
Das wird aufgrund der aktuellen Ereignisse erheblich steigen. 2023 betrugen die versicherten Schäden infolge der Wetterextreme wie Sturm, Hagel, Blitz und Überschwemmungen 4,9 Mrd. Euro. Bis Ende Juni 2024 bilanziert der GDV bereits Naturgefahrenschäden in Höhe von 3,9 Mrd. Euro. Davon waren rund 2,7 Mrd. Euro versicherter Schäden durch Überschwemmungen und Starkregen (GDV 2024). Versicherung gegen alle Wetterextreme sowie Klimaschutz und Klimaanpassung werden immer wichtiger.
Quellen:
DWD (2024): https://www.dwd.de/DE/leistungen/zeitreihen/zeitreihen.html. Abgerufen am 15.9.2024
GDV (2024): https://www.gdv.de/gdv/medien/medieninformationen/versicherer-befuerchten-2024-ueberdurchschnittlich-hohe-schaeden-durch-wetterextreme–181814 (Abgerufen am 15.9.2024)
KASPAR, F., T. DEUTSCHLÄNDER, T. JUNGHÄNEL, K. LENGFELD, A. PALARZ, M. RAUTHE, E. WALAWENDER, T. WINTERRATH & M. ZIESE (2024): Warnsignal Klima: Entwicklung der Starkniederschläge. In: J. L. Lozán, H. Grassl, D. Kasang, M. Quante & J. Sillmann (Hrsg.). Warnsignal Klima: Herausforderung Wetterextreme – Ursachen, Auswirkungen & Handlungsoptionen. S. 91-97. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.wetterextreme.17 (Abrufbar erst ab 10.10.2024)
STOCK, M. & W. LAHMER (2005): Brandenburg: Eine Region im Klimawandel – Seenreichtum und drohender Wassermangel. https://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/buchreihe/genug_wasser_fuer_alle/kapitel-3-1-10-brandenburg/ (Abgerufen am 15.9.2024)
STORCH, D., F. MARK & C. BOCK (2024): Auswirkung der Erwärmung auf Meeresorganismen. In: J. L. Lozán, H. Grassl, D. Kasang, M. Quante & J. Sillmann (Hrsg.). Warnsignal Klima: Herausforderung Wetterextreme – Ursachen, Auswirkungen & Handlungsoptionen. S. 195-199. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.wetterextreme.33 (Abrufbar erst ab 10.10.2024)