Kapitel: 3 → Auswirkungen des Klimawandels auf die Meere

Biologisch

3.19 → Sind die Kaltwasserkorallen durch den Klimawandel gefährdet?

André Freiwald & Lydia Beuck (Senckenberg am Meer, Abteilung Meeresforschung, Wilhelmshaven)

Zusammenfassung: Sind Kaltwasserkorallen durch den Klimawandel gefährdet?

Die wissenschaftliche Erforschung der Habitat bildenden Kaltwasserkorallen wurde begünstigst durch die zunehmende Verfügbarkeit modernster Technologien zur Kartierung des Meeresbodens sowie Bild gebender Verfahren während der vergangenen zwei Jahrzehnte.

Kaltwasserkorallen sind in der Lage mehrere Kilometer große Riffstrukturen in den lichtlosen Tiefen von Kontinentalhängen oder an den Flanken von Seebergen zu erzeugen. Gegenwärtige Forschungsaktivitäten belegen die Existenz lebender und fossiler Kaltwasserkorallenstrukturen von Mauretanien bis weit nach Norden in die Barents See.

Das Zentrum heutigen Korallenwuchses liegt im Nordost Atlantik zwischen dem 50. und 71. nördlichen Breitengrad. Südlich davon belegen vorwiegend fossile Korallenhügel günstige Lebensbedingungen für die Korallen in der geologischen Vergangenheit.

Diese biogeographische Verlagerung vom südlichen in den nördlichen Verbreitungssektor erfolgte vor etwa 11.000 Jahren, etwa zeitgleich mit dem abrupten Ende der Jüngeren Dryas Kälteepisode. Diese, geologisch betrachtet, rasche Arealverschiebung ist nicht nur auf Temperaturverschiebungen zurückzuführen, sondern vor allem durch eine nördliche Neupositionierung produktiver Oberflächenwassermassen.

Die aktuelle Ozeanerwärmung bis in polare Breiten läßt eine weitere polwärtige Migration der Korallen erwarten, jedoch wird befürchtet, dass eine zunehmende Versauerung der Ozeane eine neue Bedrohung für Kaltwasserkorallen darstellen könnte.

Are cold-water corals threatened by climate change?

The scientific investigation of habitat-forming cold-water corals gained impetus through the enhanced availability of state-of-the-art seabed mapping as well as visualisation technology during the past two decades. Cold-water corals are capable to construct kilometre-sized biologic seabed, structures called reefs or banks, in the aphotic zones of continental margins and on the flanks of seamounts.

Recent research activities revealed the presence of live and fossil cold-water coral structures from off Mauritania as north as to the Barents Sea with a concentration of living coral habitats in the temperate sector of the north-eastern Atlantic between 50° and 71° northern latitude. Further south, almost dead coral mounds witness the existence of formerly flourishing coral life with corresponding environmental conditions.

This ‘jump’ from the southern to the northern sector occurred at about 11.000 years at the abrupt end of the Younger Dryas cold spell. This geologically sudden migration is not merely the result of temperature changes, but also of a northern re-positioning of productive surface waters. Ongoing warming of polar seas might facilitate the migration of cold-water corals further north, but ocean acidification is regarded as potential thread to cold-water corals in the near future.