Kapitel: 3 → Flora, Fauna und Ökosysteme

3.5 → Klimabedingte ökologische Veränderungen in den Bodenfaunen polarer Schelfmeere

Dieter Piepenburg & Julian Gutt (Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven)

Zusammenfassung: Klimabedingte ökologische Veränderungen in den Bodenfaunen polarer Schelfmeere

Die Bodenfaunen (Benthos) arktischer und antarktischer Schelfmeere unterscheiden sich stark in ihrer Zusammensetzung, Diversität und ökologischen Funktion. Dies ist eine Folge der unterschiedlichen Evolutionsgeschichte und ökologischen Rahmenbedingungen der beiden Polarregionen. Obwohl Ökosysteme in hohen Breiten generell als besonders empfindlich gegenüber klimabedingten Umweltveränderungen gelten, werden arktische und antarktische Benthosgemeinschaften sehr wahrscheinlich in unterschiedlicher Weise darauf reagieren.

Für die Arktis wird prognostiziert, dass höhere Wassertemperaturen, verstärkter Flusswassereintrag und Meereisrückgang zu weitreichenden Veränderungen der marinen Systeme führen werden, die alle Nahrungsnetzebenen erfassen. Dies wird letztlich in einem grundlegenden Wandel in der relativen Bedeutung von Meereis-, Freiwasser- und Meeresboden-Habitaten im marinen Kohlenstoffbudget und Energieflussmuster münden (Wechsel von „Meereisalgen-Benthos“ .zu „Phytoplankton-Zooplankton“- dominierten Nahrungsnetzen).

Im antarktischen Benthos dagegen sind deutliche zirkumpolare Veränderungen als direkte Folge der Ozeanerwärmung für die nahe Zukunft nicht wahrscheinlich. Stattdessen werden auf regionalen Skalen die zunehmende Auflösung von Eisschelfen und der Rückgang des Meereises die Bodengemeinschaften beeinflussen. In beiden Polarregionen wird wahrscheinlich die Ozeanversauerung für marine Organismen zu einem Problem werden.

Ecological shifts in polar shelf bottom habitats in response to climate change:

Bottom communities (benthos) of Arctic and Antarctic shelf seas differ pronouncedly in composition, diversity, and ecosystem functioning, reflecting the major evolutionary and ecological disparities between the two polar regions.

Though polar systems are in general thought to be particularly sensitive to climate-induced environmental changes, it is likely that Arctic and Antarctic bottom assemblages will respond differently to the external forcing.

In the Arctic, higher water temperatures, increased fluvial run-off and reduced ice cover are assumed to give rise to severe ecosystem changes propagating through all trophic levels, ultimately resulting in a shift in the relative importance of sea-ice, pelagic and benthic biota in the overall marine carbon and energy fluxes and a switch from a ‘sea-ice algae–benthos’ to a ‘phytoplankton–zooplankton’ dominance.

In contrast, circumpolar significant shifts in the Antarctic benthos as a direct response to sea-temperature rise are not likely for the near future. Instead, a continuing disintegration of ice shelves and shrinking of the sea-ice will impact bottom communities at a regional scale. Acidification might become a major problem for marine organisms in both polar areas.