Kapitel: 4 → Weltklima und Polarregionen
4.8 → Polareiskerne – Archive globaler Klima- und Umweltveränderungen
Hubertus Fischer (Climate and Environmental Physics, Physics Institute & Oeschger Centre for Climate Change Research, University of Bern)
Zusammenfassung: Polare Eisbohrkerne – ein einzigartiges Archiv der globalen Klima- und Umweltveränderung
Neben marinen Sedimenten, Seesedimenten, Baumringen, Korallen etc., stellen Eisbohrkerne ein einzigartiges natürliches Klimaarchiv dar, das es uns gestattet Klima- und Umweltveränderungen in der Vergangenheit zu rekonstruieren.
Neben ihrer sehr hohen zeitlichen Auflösung (in vielen Eiskernen kann man einzelne Jahre oder gar Jahresgänge auflösen) und ihrer grossen zeitlichen Abdeckung (die längsten Eiskernzeitreihen überdecken die letzten 800.000 Jahre) stellen Eisbohrkerne das einzige Archiv dar, an dem wir direkt die Atmosphären-Zusammensetzung der Vergangenheit in kleinen Lufteinschlüssen im Eis messen können.
Nur durch die Nutzung von Eisbohrkernen wurde es möglich, die signifikanten Anstiege in der Luftverschmutzung und in den Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung zu dokumentieren.
Dies zeigte, dass die heutigen Konzentrationen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas in der Atmosphäre in den vorindustriellen Eiskern-Zeitreihen über die letzten 800’000 Jahre nie auch nur annähernd gefunden wurden. Eisbohrkerne eröffneten den Klimatologen auch Einblick in das Auftreten schneller Klimaschwankungen im Verlauf der letzten Eiszeit und deren interhemisphärischer Kopplung und liefern ein besseres Verständnis der Verknüpfung von Klima und biogeochemischen Kreisläufen in der Vergangenheit und somit auch in der Zukunft.
Abstract – Polar ice cores – unique archives of global climate and environmental change:
Together with marine and lake sediments, tree rings, corals etc., ice cores represent natural climate archives, which allow us to reconstruct climate and environmental changes in the past.
Apart of their very high temporal resolution (in many ice cores allowing us to resolve individual years or even seasonal cycles) and their long time coverage (the longest ice core records cover the last 800,000 years), ice cores represent the one and only climate archive that enables us to directly measure the atmospheric composition of the past in little air bubbles enclosed in the ice.
Only with the use of ice cores it became possible to quantitatively document the significant increase in atmospheric air pollution and in greenhouse gas concentrations since the beginning of the industrialization. This revealed that recent concentrations of carbon dioxide, methane, and nitrous oxide in the atmosphere have not been encountered anywhere close in preindustrial ice core records over the last 800,000 years.
Ice cores also opened the eyes of climatologists for the occurrence of rapid climate changes during glacial times and their interhemispheric coupling and provide a better understanding of the interaction of climate and biogeochemical cycles in the past and, thus, also in the future.