Kapitel: 4 → Sozio-ökonomische Aspekte: Gewinner und Verlierer

4.12 → Fischerei und Klimavariabilität: Historische Fallbeispiele

Hein von Westernhagen, Alfred Wegenr Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
Dietrich Schnack, GEOMAR-Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung, Kiel

Zusammenfassung: Fischerei und Klimaveränderung: Historische Fallbeispiele

Der vorliegende Beitrag versucht, den Einfluss des Klimas auf die Entwicklung von Fischbeständen und Fischerei zu analysieren und verwendet dabei historische Daten aus der Fischerei auf pelagische Arten (Hering, Sardinen, Sardellen) und Bodenfische (Kabeljau) des Atlantiks (inklusive Ostsee) und des nördlichen Pazifiks.

Seit dem Mittelalter bis heute konnten gravierende Einflüsse des Klimas auf die Entwicklung von Fischbeständen beobachtet werden; allerdings hatten Veränderungen in der Temperatur nicht immer gleichartige Auswirkungen auf die Fischbestände.

Sardinen-Bestände zeigten z.B. während der atlantischen Erwärmung in den 1930er Jahren sowohl im Pazifik als auch im Ostatlantik und der Adria eine positive Entwicklung; während der Bohuslän-Heringsbestand in der westlichen Ostsee und die Fischerei auf diesen Bestand sich in einer Zeit der Abkühlung des Nordatlantiks besonders intensiv entwickelten.

Die Kabeljaubestände vor West-Grönland und Island hatten ihre Blütezeit dagegen während einer Warm-Periode des Nordatlantiks. Obwohl die Wirkmechanismen für gute oder schlechte Bestandentwicklungen nicht vollständig geklärt sind, so ist doch allgemein anerkannt, dass die Einflüsse auf die sehr empfindlichen frühen Entwicklungsstadien der Fische und artspezifisch unterschiedliche Ansprüche an diese Bedingungen entscheidend sind.

Die gegenwärtige Wärmephase hat in der Nordsee eine verstärkte Einwanderung »südlicher« Arten durch den englischen Kanal ermöglicht. Das Auftreten aller Lebensstadien (vom Ei bis zum adulten Fisch) lässt vermuten, dass diese »südlichen« Arten sich in ihrem neuen Lebensraum auch erfolgreich fortpflanzen können.

Ein weitergehender globaler Temperaturanstieg könnte eine Erweiterung der geographischen Verbreitung von Fischarten im Meer und im Süßwasser und Erhöhung der Artendiversität und Produktivität bewirken.

Summary: Fisheries and Climate Change: Historical case studies

The contribution tries to analyze climatic influence on fish stocks and fisheries using historic and recent information on the stocks of pelagic (anchovy, sardine, herring) and benthic (cod) fish from the Atlantic and the Baltic Sea and the northern Pacific.

From the middle ages until today, climate has had a pronounced impact on some of these fish stocks. Yet, changes in temperature have not always caused identical effects on fish populations. Sardines showed a particular good development during an Atlantic warming period (1930s) in the Pacific as well as in the East Atlantic and the Adriatic Sea.

While positive developments in the Bohuslän (Baltic) herring stocks and its fishery coincided with a cooling of the North Atlantic system. In contrast, the West-Greenland and Icelandic cod stock flourished with the warming of the North Atlantic.

Exact cause-effect-relationships between climatic variability and fish stock development are still largely uncertain, although it is widely accepted that the driving forces for variations in fish stock development are those that exert influence on species-specific recruitment processes.

The latest warming period, which is still lasting, stimulated an increased northward migration of “southern“ species through the English Channel into the North Sea. An anticipated future rise in global temperature is likely to enlarge the geographic distribution of marine as well as freshwater species with a trend towards a broadening of species diversity and productivity.