Kapitel: 5 → Forschung, Gefährdungen und Schutz
5.4 → Anreicherung und Effekte von organischen Schadstoffen in der polaren Umwelt
Roland Kallenborn (roland.kallenborn@nmbu.no) <-neu
Institute of Chemistry, Biotechnology and Food Sciences (IKBM)
Faculty of Veterinary Medicine and Biosciences Norwegian University of Life Sciences (NMBU)
Zusammenfassung: Anreicherung und Effekte von stabilen organischen Schadstoffen in der polaren Umwelt:
Die Polargebiete gehören zu den Regionen, die durch minimale anthropogene Einflüsse aller Art charakterisiert sind. Dies gilt insbesondere für Schadstoffe aus Industrie, Landwirtschaft und von anderen menschlichen Quellen, da die direkten Quellen für solche Substanzen in der Regel weit außerhalb der Regionen zu suchen sind.
Deshalb werden die Spurenkonzentrationen vieler Schadstoffe, die in Arktischen und Antarktischen Umweltproben gemessen werden, durch die komplexen Ferntransport Prozesse erklärt, die für die globale Verteilung solcher Schadstoffe sorgen. In der Regel werden sehr niedrige Konzentrationen dieser schwer abbaubaren, umweltschädlichen organischen Substanzen (persistent organic pollutants = POPs) gefunden (Pikogramm Bereich = 10-12 g).
Für einige dieser Stoffe sind allerdings recht hohe Werte in arktischen Tieren nachgewiesen worden. Dies gilt insbesondere für polychlorierte Biphenyle (PCBs) und die Verbindungen der DDT Gruppe (Dichlordiphenyltrichlorethan und seine Abbauprodukte). Solche Verbindungen sind sehr umweltstabil und haben eine hohe Affinität zu Fettgewebe (lipophile Eigenschaften).
Deshalb reichern sie sich sehr effektiv in den polaren, insbesondere den arktischen Nahrungsnetzen an. Vor allem das Fettgewebe der Arktischen marinen Säugetiere, die die, gemeinsam mit den arktischen Ureinwohnern; die Spitze der Nahrungsnetze darstellen, sind mit hohen POP Konzentrationen belastet.
Die arktischen Nahrungsnetze können POPs besonderes effektiv anreichern, weil der Energietransfer zwischen den unterschiedlichen trophischen Ebenen vor allem auf Lipidtransfer (Fett) beruht. Zudem sind Lipide die wichtigsten Hauptkomponenten im subkutanen Fettgewebe, das für die Kälteisolierung der höheren marinen Organismen von besonderer Bedeutung ist.
POPs reichern sich in besonders hohen Konzentrationen in den marinen Prädatoren an (Walen, Robben und Eisbären). Diese Tiere werden häufig von den Arktischen Ureinwohner bejagt, sodass in den Ureinwohnergruppen, die sich vor allem auf traditionelle Weise ernähren, hohe POP Konzentrationen gefunden werden. So sind einige Inuit-Gruppen in West- Kanada und Ost-Grönland mit hohen POP-Konzentrationen belastet (vor allem mit PCBs und Rückständen chlorierter Pestizide).
Somit werden die arktischen Urbevölkerungsgruppen Schadstoffbelastungen ausgesetzt, die durch menschliche Aktivitäten (Industrie und Landwirtschaft) in weit entfernten Regionen produziert und in die Umwelt ausgebracht wurden.
Die unkontrollierte Ausbreitung von Industriechemikalien und Pflanzenschutzmitteln in den Industrieländern führt somit zu unvorhersehbaren deutlich negativen Konsequenzen für Bevölkerungsgruppen, die selbst nicht von der Nutzung dieser chemischen Hilfsmittel profitieren können.
Accumulation and effects of persistent organic environmental pollutants in polar environments
Today, the Polar Regions are still considered to be pristine environments with regard to anthropogenic influences. Due to the lack of significant local sources, all anthropogenic contaminants found in Arctic environments must have been transported over long distances before entering the region.
Although low levels of persistent organic chemicals are found in most of the abiotic environments, selected persistent organic pollutants (POPs), such as PCBs and DDTderivatives, are found in high levels in tissues of top predating marine animals and humans, due to specific accumulation processes within the Arctic food webs.
Mainly due to the rapid lipid and nutrition transfer between the various trophic levels of the Arctic ecosystem, lipophilic POPs are effectively accumulated up to the top predators representative for the polar ecosystem (incl. Polarbear and whales). As a final consequence, the indigenous people of the Arctic and in particular the West Canadian and East Greenlandic Inuits have been found heavily contaminated by legacy POPs, such as PCB, HCH and DDT derivatives.
This contamination was primarily found in groups of inuits living the traditional Arctic way of life by using mainly local marine food resources. Thus, traditional human populations in the Arctic are suffering from the high levels of POPs they are exposed to as a result of the long journey into their environment without benefiting from the goods usually associated with these chemicals.