Kapitel: 3 → Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

3.2 Indirekt durch Krankheitsüberträger (VEKTOREN)

3.2.10 → Kriebelmücken (Diptera: Simuliidae) als Überträger von Krankheitserregern unter Berücksichtigung sich verändernder Umweltbedingungen in Europa

Doreen Werner, Institut für Landnutzungssysteme, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V., ZALF, Müncheberg
Jörg Grunewald, Universität Tübingen

Zusammenfassung: Kriebelmücken (Diptera: Simuliidae) als Überträger von Krankheitserregern unter Berücksichtigung sich verändernder Umweltbedingungen in Europa

Kriebelmücken (Diptera, Simuliidae) zeigen eine weltweite Verbreitung. Ihre Entwicklungsstadien sind in Fließgewässern jeglicher Ausprägung zu finden. Die Larven leben als Filtrierer und stellen oft einen überwiegenden Anteil der benthischen Biomasse. Gegen den unbestrittenen Wert der Präimaginalstadien in den Bruthabitaten in der Nahrungskette muss der Schaden gegenüber dem Menschen und anderen Vertebraten der adulten Mücken gestellt werden.

Simuliiden können Wirbeltieren auf verschiedenen Wegen Schaden zufügen. Aus diesem Grund haben diese Mücken eine beträchtliche ökonomische Bedeutung. Die Weibchen vieler Arten dieser Mückenfamilie werden allein durch ihr Blutaufnahmeverhalten in vielen Regionen aller Kontinente als Plageerreger eingestuft. Unter bestimmten Umweltbedingungen kommt es bei manchen Arten zu Massenentwicklungen, besonders entlang großer Flachlandflüsse.

Die blutsaugenden Weibchen fliegen dann die potenziellen Blutwirte in großer Zahl an und verursachen Plage- und Lästlingssituationen, wobei die Krankheitsbilder der Simuliotoxikose an Weidetieren und der Simuliose am Menschen entstehen können.

Kriebelmücken sind weiterhin obligate Vektoren für Krankheitserreger, die weltweit auf Menschen, Weidetiere und Geflügel übertragen werden können: Dirofilaria, Mansonella, Onchocerca (Kinetoplastida: Onchocercidae) and Leucocytozoon (Apicomplexa: Plasmodiidae).

Eine Kofaktorenrolle der Speichelinhaltsstoffe bei der Übertragung von Herpes-Viren beim Menschen wird diskutiert. Zur Kontrolle der Onchozerkose in Afrika werden die Larven der Gattung Simulium periodisch mit chemischen und/oder bakteriellen Larviziden bekämpft. Die Simuliiden-Kontrolle mit Bioziden beruht i.W. auf “biologischen” Produkten, wie dem Bacillus thuringiensis var. israelensis (Bti) Toxin.

Veränderungen des Ökosystems, wie bauliche Veränderungen der Flusslandschaft, Änderungen in der Wasserqualität oder im Landschaftsmanagement, können direkt oder indirekt die Entwicklungsbedingungen für Simuliiden positiv oder negativ beeinflussen.

Summary: Black flies (Diptera, Simuliidae) and their role as disease vectors with respect to changing environmental conditions 

Black flies (Diptera, Simuliidae) have a worldwide distribution. Their developmental stages inhabit all kinds of lotic waterways. The sessile larvae are filter feeders, which often form a large proportion of the benthic biomass.

Against the value of the immature stages in the food chain must be set the harm caused to man and other vertebrates by the adult black flies. Simuliids can impact vertebrates in a variety of ways and for this reason are of considerable economic importance. Black fly females of many species are serious biting pests in many regions on all the continents simply because they feed on blood.

Under certain environmental conditions some show mass development, particularly along large lowland rivers. As a result, the haematophagous females attack potential blood hosts in huge numbers and cause serious pest and nuisance situations. Cases of simuliotoxicosis in cattle and simuliosis in humans may follow.

Furthermore, black flies are obligate vectors of disease agents affecting humans, livestock and poultry in certain regions of the world: Dirofilaria, Mansonella, Onchocerca (Kinetoplastida: Onchocercidae) and Leucocytozoon (Apicomplexa: Plasmodiidae). A role of saliva components of the simuliids as co-factors supporting the transmission of human herpes-viruses is discussed.

For onchocerciasis control in Africa, larvae of the genus Simulium are periodically treated with chemical and/or bacterial larvicides. Simuliid control by biocides is mainly based on “biological” products such as Bacillus thuringiensis var. israelensis (Bti) toxin.

Changes in the ecosystem, such as structural alterations of the river landscape, changes in water quality or changes in river management, may directly or indirectly affect the developmental conditions of simuliid black flies in a positive or negative sense.