Kapitel: 3 → Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

3.2 Indirekt durch Krankheitsüberträger (VEKTOREN)

3.2.9 → Klimawandel und Zugvögel und ihre Rolle bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten – zunehmende »Gefahr« in Zeiten klimatischer Veränderung?

Franz Bairlein – Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“, Wilhelmshaven
Benjamin Metzger – BirdLife Malta

Zusammenfassung: Klimawandel und Zugvögel und ihre Rolle bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten – zunehmende »Gefahr« in Zeiten klimatischer Veränderung? 

Vögel sind vom Klimawandel betroffen. Zugvögel kommen im Frühjahr früher zurück, und zeigen entweder früheren oder auch späteren Abzug im Herbst. Viele Arten brüten früher und dabei gibt es eine zunehmende klimabedingte Asynchronität zwischen Brutbeginn und Verfügbarkeit der Nahrung für die Jungenaufzucht mit erheblichen Auswirkungen auf den Bruterfolg.

Klimawandel verringert die Zugbereitschaft bei Kurz- und Mittelstreckenziehern, wodurch sich Vogelgemeinschaften ändern mit einer zunehmenden Dominanz von Standvögeln und kurz- bis mittelweit ziehenden Arten. Auch wird eine Zunahme der Artenvielfalt in temperaten, borealen und arktischen Regionen erwartet, wogegen sie in trockeneren Regionen als Folge von höheren Temperaturen und geringeren Niederschlägen bei abnehmen wird.

Vögel können Träger von Infektionskrankheiten sein und es gibt Hinweise, dass Zugvögel bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten beteiligt sein können. Mögliche Pathogene für Vogelverbreitung sind West Nil Virus, USUTU Virus, Vogelmalaria, bakterielle Krankheiten und Blutparasiten.

Wahrscheinlicher als die Verbreitung humanpathogener Krankheiten als Folge des Klimawandels ist die Verbreitung von Vogelkrankheiten in Regionen, die bisher davon frei waren und folglich koevolutive Anpassungen fehlen, so dass das Auftreten eines neuen Pathogens fatale Folgen für die residenten Vogelarten haben kann, wie dies für das West Nil Virus in Nordamerika oder die Vogelmalaria auf Hawaii gezeigt wurde.

Summary: Climate change, migratory birds and their role in spreading infectious diseases – increasing risk in times of climate change?

Birds are affected by global warming. Migratory birds arrive earlier at breeding grounds in spring, and do have an either advanced or delayed autumn departure. Many species breed earlier today, and there are cases of climate driven mis-timing between onset of breeding and peak abundance of prey, with considerable impacts on the fitness of the birds.

Global warming is likely to lead to a reduction of migratoriness in short to medium distance migrants which will result in bird communities that will be increasingly dominated by non-migrating and short to medium distant migratory species. It is also expected an increase in species richness in temperate, boreal and arctic regions, while species richness is suggested to decline in more arid regions due to increased temperature and decreased precipitation.

Birds can carry pathogens and there are a few hints that migratory birds take a role in spreading a disease, although very much speculative. Pathogens likely for avian spread are West Nile Virus, USUTU virus, avian influenza, bacterial diseases, and blood parasites.

More likely than spreading human pathogens due to climate warming is the spread of avian diseases into regions where long-term co-evolutionary processes were missing so that a new emerging disease could be fatal for resident birds, as it is the case with West Nile Virus in North America, or avian malaria on Hawaii.