Kapitel: 5.8 → Klimawandel und biologische Invasionen im Hochgebirge

Anna Schertler, Franz Essl & Bernd Lenzner

Kurzfassung:

Unter biologischen Invasionen versteht man die durch den Menschen verursachte Verschleppung von Arten in neue Regionen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Ein Teil dieser Arten, sogenannte invasive gebietsfremde Arten, können verheerende ökologische und sozio-ökonomische Auswirkungen haben und wurden kürzlich als ein wichtiger Treiber des globalen Wandels und Biodiversitätsverlusts identifiziert. Aufgrund des harschen Klimas und des vergleichsweise geringen menschlichen Nutzungsdrucks galten Hochgebirge lange als relativ resistent gegenüber biologischen Invasionen. Auch wenn Studien zeigen, dass die Anzahl an gebietsfremden Arten mit zunehmender Seehöhe abnimmt, sind derzeit nichtsdestotrotz weltweit etwa 200 gebietsfremde Pflanzenarten in der alpinen Höhenzone dokumentiert. Der überwiegende Anteil gebietsfremder Arten in Gebirgen sind Generalisten, die aus Tieflagen hochwandern. Obwohl viele dieser Arten momentan noch nicht mit den klimatischen Bedingungen in Hochgebirgslagen zurechtkommen, wird prognostiziert, dass sie diese Barriere in Zukunft unter veränderten Klimabedingungen vermehrt überwinden können. Hingegen werden einheimische Artengemeinschaften der Hochgebirge im Zuge des globalen Wandels zunehmend destabilisiert und somit anfälliger für biologische Invasionen. Das Zusammenspiel von mehreren Treibern des globalen Wandels stellt somit ein erhöhtes Risiko für die einheimischen Artengemeinschaften der Hochgebirge weltweit dar. Durch den bisher noch relativ geringen Anteil an gebietsfremden Arten im Hochgebirge ist jedoch die Gelegenheit gegeben, rechtzeitig Präventivmaßnahmen zu setzen und den kombinierten Einfluss von Klimawandel und biologischen Invasionen abzumildern.

Climate change and biological invasions in high elevation ecosystems:

Biological invasions are the redistribution of species through human agency into regions outside of their native range. A subset of these species, so called invasive alien species, can have dramatic ecologic and socio-economic effects. Recently, they have been identified as one of the main drivers of global change and loss of biodiversity. Due to the harsh climatic conditions and comparably low anthropogenic pressure, high elevation ecosystems have been perceived as relatively stable to biological invasions and studies show a decrease of alien species richness with increasing elevation. Nevertheless, globally, about 200 alien plant species have been documented in alpine altitudes to date. Most of these species are generalists that have been introduced to lowland regions and ascend up the mountains. Although, many species are still not able to cope with the climatic conditions in high elevation ecosystems, it has been projected, that they will be able to overcome this barrier under future changing climatic conditions. In contrast, native communities in high elevation ecosystems are becoming increasingly destabilized in the course of global change and thus more susceptible to biological invasions. Hence, the combination of several drivers of global change poses a great risk to the native communities in high elevation ecosystems globally. Since there are still few alien species in the high mountains compared to the lowlands, there is a large option space to develop precautionary measures and reduce the combined influence of climate change and biological invasions.