Kapitel: 3.6 → Die Gletscher der Anden im Klimawandel

Thorsten Seehaus

Kurzfassung:

Die Flächen- und Massenänderungsraten der Gletscher in den Anden zählen zu den höchsten weltweit und sie tragen ca. 0,05 bis 0,06 mm pro Jahr zum Anstieg des globalen Meeresspiegelanstiegs bei. Die Eismassen der Anden erstrecken sich über verschiedene Höhenlagen und Klimazonen, von den äquatornahen Tropen im Norden bis in das subpolar  geprägte Feuerland an der südlichen Spitze des Kontinents. Dies führt zu einer stark unterschiedlichen Ausprägung der südamerikanischen Gletscher, von Eiskappen auf Vulkanen und kleinen Hang-, Kar- und Talgletschern in den Hochlagen der Tropen und den Zentralen Anden, hin zu kalbenden Auslassgletschern an den Eisfeldern Patagoniens von mehreren Zehner-Kilometern Länge. Die globalen klimatischen Veränderungen sind auch in den Anden stark spürbar. Wie in den meisten Regionen der Erde wurden räumlich und zeitlich variable Temperaturänderungen gemessen. Besonders in den Hochlagen kam es zu einem rapiden Temperaturanstieg, wie etwa in der Cordillera Blanca in Peru. Folglich ist ein großräumiger Rückzug der Gletscher entlang der Anden zu beobachten. Besonders hervorzuheben sind die starken Flächenverluste an den Gletschern der Tropischen Anden sowie der Rückzug und die hohen Massenverluste von Gletschern der großen Patagonischen Eisfelder. Projektionen der Entwicklung der Andengletscher bis zum Ende des 21. Jahrhunderts gehen von einem fast vollständigen Verschwinden der Eismassen in den Tropischen Anden, deutlichem Rückgang der Gletscher in den Zentralen Anden und weiteren starken Eisverlusten in Patagonien und Feuerland aus. In vielen tropischen und semiariden Gebieten bilden die Gletscher eine grundlegende Stütze der Wasserversorgung. Der Verlust der Gletscher als Wasserressource, besonders während der Trockenzeit und Dürreperioden, wird absehbar starke sozioökonomische Auswirkungen haben. Des Weiteren erhöht der Gletscherrückzug das Risiko für sogenannte Gletschersee-Ausbrüche, welche in der Vergangenheit bereits zu vielen Toten und ökonomischen Verlusten geführt haben. Somit ist eine Überwachung der Gletscherveränderungen entlang der Anden sowohl aus wissenschaftlicher Sicht, sowie auch als Informationsquelle für zukünftiges Wasserressourcen- und Naturgefahrenmanagement von zentraler Bedeutung.

Glaciers in the Andes in climate change:

The ice loss rates of glaciers in the Andes are among the highest in the world, and contribute about 0.05 to 0.06 mm per year to global sea-level rise. The ice masses of the Andes extend throughout different altitude ranges and climate zones, from tropical climate conditions in the north to the sub-polar climate of Tierra del Fuego at the southern tip of the continent. This leads to a highly heterogeneous morphology of glacier types, from ice caps on volcanoes and small cirque and valley glaciers in the high altitudes of the tropics and the Central Andes, to calving outlet glaciers at the ice fields of Patagonia of several tens of kilometers in length. Global climate change is also strongly affecting the Andes. As in most regions of the world, significant temperature changes have been recorded in the last century, which show distinct spatio-temporal variations. Particularly at high altitudes, there has been a rapid rise in temperature, like in the Cordillera Blanca in Peru. Consequently, a large-scale retreat of the glaciers along the Andes has been observed. Especially noteworthy are the heavy area losses at the glaciers of the Tropical Andes as well as the retreat and high mass losses of glaciers of the large Patagonian Ice Fields. Projections of the glacier evolution along the Andes assume an almost complete disappearance of the ice masses in the Tropical Andes until the end of the 21st century, significant retreat of the glaciers in the Central Andes and further high ice losses in Patagonia and Tierra del Fuego. In many tropical and semi-arid areas, glaciers pose a fundamental water resource. The loss of glaciers as a water resource, especially during the dry season and drought periods, is expected to have strong socio-economic impacts. Furthermore, glacier retreat increases the risk of so-called glacier lake outburst floods, which have already led to high casualties and economic losses in the past. Therefore, monitoring of glacier changes along the Andes is of central importance from a scientific point of view as well as a source of information for future water resource and natural hazard management.